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Frank Möller darf fünf Jahre nicht mehr für den Deutschen Judo-Bund tätig sein.

© Imago images/WEREK

Judo-Bund sperrt Berliner Trainer Frank Möller: Kann „Bimbo“ nicht rassistisch gemeint sein?

Der Deutsche Judo-Bund sperrt Frank Möller, spricht ihn aber frei von rassistischen Motiven. Das erscheint fragwürdig. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Martin Einsiedler

Manche Judokas sind dieser Tage in Potsdam am liebsten ganz unter sich. Am Freitag beginnt die Mitgliederversammlung des Deutschen Judo-Bundes (DJB). Eine Frau sitzt in der Lobby der Tagungsstätte und erzählt lustige Anekdoten von Reisen mit dem DJB. Dann bemerkt sie einen Mann, der allein am benachbarten Tisch Platz genommen hat. „Sind sie auch vom Judo?“, fragt sie. Er verneint und gibt sich als Pressevertreter aus, woraufhin die Frau aufsteht, abwinkt und sagt: „Da kommt doch nichts Wichtiges bei raus. Man sollte sich lieber für wichtigere Themen interessieren.“

Der Ärger der Frau ist zumindest insofern nachvollziehbar, als über Judo – auch im Tagesspiegel – nur in Ausnahmefällen berichtet wird. So ist es den meisten Medien keine Zeile wert, dass an diesem Wochenende der DJB vor gravierenden Veränderungen steht. Peter Frese tritt nach fast 20 Jahren als Präsident ab und ein hauptamtlicher Vorstand wird installiert. Die Umstrukturierung des Verbandes betrifft mehr oder weniger 145.000 Judokas, die Mitglied im DJB sind. Die breite Medienlandschaft interessiert im Judo derzeit aber fast ausschließlich das Schicksal eines einzelnen Mannes, des Berliner Trainers Frank Möller.

Wie der 49-Jährige inzwischen selbst zugibt, attackierte er Anfang Oktober im Trainingslager im brandenburgischen Kienbaum die Hamburger Judoka-Nachwuchshoffnung Losseni Koné. Möller zerrte Koné aus dessen Zimmer, eine schlimmere Prügelei wurde wohl nur verhindert, weil Bundestrainer Pedro Guedes dazwischenging. Zuvor, so berichten es mehrere Zeugen, soll Möller den 18 Jahre alten Judoka mit afrikanischen Wurzeln als „Bimbo“ bezeichnet haben. Koné verzichtete auf eine Anzeige gegen Möller. Der Landessportbund Berlin dagegen, bei dem Möller angestellt ist, entband Möller Anfang vergangener Woche von seiner Funktion als Trainer.

Möller bestreitet, Koné als "Bimbo" bezeichnet zu haben

So steht der DJB am Freitag unter Handlungsdruck. Er muss „ein Zeichen setzen“, wie der scheidende Präsident Frese sagt. Der Verband sperrt Möller schließlich für fünf Jahre. Zuvor hat der DJB Opfer und Täter in einen Raum zusammen mit Verfahrenshelfern und Vertretern des DJB-Rechtsausschuss gesetzt. Wie der Rechtsausschuss-Vorsitzender Joachim Bechtold berichtet, soll sich Möller bei Koné „vielmals entschuldigt“ haben. Möller habe aber bestritten, Koné als „Bimbo“ bezeichnet zu haben. Doch mehrere Zeugen wollen exakt diesen Begriff aus dem Munde des einstigen Weltklasse-Judokas Möller gehört haben. Möller habe sein Verhalten damit erklärt, dass er an jenem Oktobertag in Kienbaum seit 5 Uhr morgens auf den Beinen und im Stress gewesen sei. Nach einem Grillabend mit mehreren Judokas habe sich Koné geweigert, wie von Möller gefordert Besteck und Geschirr abzuräumen. Daraufhin sei es zu der Eskalation gekommen.

Trotz der ungeheuerlichen Vorgänge sind sowohl der Rechtsausschuss-Vorsitzender Bechtold wie auch der scheidende Präsident Frese überzeugt, dass die Tat keinen rassistischen Hintergrund hat. Nach Gesprächen mit mehreren Beteiligten habe sich ergeben, dass der Begriff „Bimbo“ eher als Scherzversuch zu verstehen gewesen sei. „Ein Scherz der untersten Schublade“, wie Bechtold ergänzt. Möller, so die Überzeugung des DJB-Rechtsausschusses, sei kein Rassist und habe nicht aus diskriminierenden Motiven gehandelt. Es habe einfach die Chemie zwischen den beiden nicht gestimmt.

Der DJB tat viel. Er holte sich die Stellungnahmen vieler einst von Möller betreuten Judokas ein – darunter auch einige Sportler mit Migrationshintergrund. „Sie konnten ausschließlich Positives über Möller berichten“, erzählt Bechtold.

Aber wie glaubhaft ist es, dass ein rassistisches Motiv fehlt, wenn Möller Koné zunächst als „Bimbo“ bezeichnet und ihn anschließend mit körperlicher Gewalt angeht? Und wie sehr scherzhaft und wie wenig rassistisch kann die Verwendung des Begriffes „Bimbo“ sein? Die Geschichte, wie sie nun der DJB erzählt, wirkt nicht stimmig und trotz der langen Strafe für Möller zu nachsichtig.

„Glauben Sie“, sagt Bechtold am Freitag, „Frank Möller hatte es in den letzten Tagen nicht leicht.“ Das mag stimmen. Aber was soll dann erst das Opfer Losseni Koné sagen? Allzu viel Mitleid hat Möller eher nicht verdient.

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