Jahresrückblick

September 2019: Greta trifft Donald Trump - Volksparteien erleben blaues Wunder

CDU-Wahlplakat mit AFD beschmiert Ein Auto fährt auf der Straße am Ortseingang des kleinen Ortes Weickersdorf bei Bischofswerda in Sachsen wo ein großes CDU-Wahlplakat zur Landtagswahl am 01.09.2019 auf dem Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident
Gerade noch so: CDU in Sachsen stärkste Kraft vor der AfD
www.imago-images.de, imago images / Daniel Schäfer, via www.imago-images.de

Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg: Zitterpartie für CDU und SPD

Der September beginnt mit einem blauen Wunder für die sogenannten Volksparteien, es ist nicht das erste, und es kommt immer regelmäßiger. Dieses Mal in Sachsen, wo die Große Koalition ihre Regierungsmehrheit verliert. Und in Brandenburg, wo das Bündnis aus SPD und der Linken ihre Mehrheit einbüßt. Die AfD wird in beiden Ländern zweitstärkste Kraft, CDU und SPD verlieren dramatisch. In Brandenburg wird die CDU mit 15,6 Prozent nur drittstärkste Partei, noch schlimmer erwischt es die SPD in Sachsen: Am Ende des Wahlabends steht fest, dass sich gerade mal 7,7 Prozent der Wähler*innen für die Sozialdemokraten entschieden haben, das bedeutet Platz fünf hinter CDU, AfD, Linken und Grünen. Da CDU und SPD eine Koalition mit der AfD ausschließen, braucht es in beiden Ländern ein Dreierbündnis um eine Regierungsmehrheit zu erlangen.

Der neue Trend: Kenia

Nachdem in den letzten Jahren Jamaika (CDU, Grüne und FDP) immer hipper geworden ist, geht der Trend in Richtung Kenia (CDU, SPD und Grüne), was bedeutet, dass immer öfter mehr als die Hälfte der Wähler nicht Union oder SPD wählt. Es gab mal eine Zeit, vor knapp 30 Jahren, da hatten Union und SPD bundesweit zusammen knapp 80 Prozent – diese Zeiten scheinen endgültig vorbei.

Und so ist am 4. September, als in Saarbrücken die erste Regionalkonferenz zur Wahl des SPD-Vorsitzes stattfindet, bereits klar: Wer immer das Rennen für sich entscheidet – es wartet ein harter Brocken Arbeit, denn die Frage, ob der Niedergang der SPD überhaupt noch aufzuhalten ist, wird immer lauter gestellt.

Lange Reise

28.08.2019, USA, New York: Greta Thunberg, die 16-jährige schwedische Klimaaktivistin, winkt an Bord der Malizia II beid er Fahrt in den Hafen. Thunberg ist in USA, um in New York am UN-Klimagipfel teilzunehmen. Die Klimaaktivistin ist am 14. August
Greta Thunberg - Ankunft in den USA
nic, dpa, Mary Altaffer

Womöglich eine noch härtere Aufgabe ist die, mit der Greta Thunberg nach wie vor kämpft. Sie ist bereits im August zum UN-Klimagipfel (23. – 29. September) nach New York gereist. Ihre medienwirksame Anreise an Bord der komplett emissionsfrei fahrenden Segelyacht Malizia II hat zwei Wochen gedauert. Und ihr Kritik eingebracht: Sie habe viel mehr CO2 verursacht als wenn sie geflogen wäre. Fünf Besatzungsmitglieder müssen die Yacht nämlich zurück nach Europa segeln, die sind zuvor per Flugzeug in die USA gereist.

Der Skipper, der Greta über den Ozean gesegelt hat, wird mit dem Flugzeug nach Europa zurückkehren. Macht sechs Flugreisen. Greta und ihr Vater – hin und zurück – wären vier gewesen. Doch sei es bei der Fahrt hauptsächlich um die Symbolik gegangen, sagt Andreas Kling, Pressesprecher von Gretas Skipper Boris Herrmann, der "taz". Hier heiligt der Zweck die Mittel: "Natürlich wäre es umweltschonender gewesen, nicht darauf aufmerksam zu machen, dass wir dringend etwas tun müssen gegen die Klimakrise. Aber wenn keiner darauf aufmerksam macht, dann tun wir auch nichts.", so Kling

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"How Dare You...?"

Swedish environmental activist Greta Thunberg watches as U.S. President Donald Trump enters the United Nations to speak with reporters in a still image from video taken in New York City, U.S. September 23, 2019.  REUTERS/Andrew Hofstetter     TPX IMA
Blick, der auch das Klima töten könnte: Greta Thunberg trifft Donald Trump
CLH/, REUTERS, Andrew Hofstetter

Wie dem auch sei: Greta ist pünktlich in New York, um ihr Anliegen vorzubringen, vor den Staats- und Regierungschefs der Welt, vor Barack Obama, vor US-Präsident Donald Trump, der ja bekanntlich der Klimawandeltheorie eher kritisch gegenübersteht. "Sie scheint mir ein sehr glückliches junges Mädchen zu sein, das sich auf eine fröhliche, wunderbare Zukunft freut. Das ist so schön zu sehen", schreibt Trump später auf Twitter über Gretas Rede, in der sie solche Sachen sagt, wie: "Wie konntet ihr es wagen, meine Träume und meine Kindheit zu stehlen mit euren leeren Worten?" und "Menschen leiden, Menschen sterben, ganze Ökosysteme brechen zusammen. Wir stehen am Anfang eines Massenaussterbens und alles, worüber ihr reden könnt, ist Geld und die Märchen von einem für immer anhaltenden wirtschaftlichen Wachstum" – Dinge, die glückliche junge Mädchen eben so sagen.

Geht es Trump an den Kragen?

November 15, 2019, Washington, District of Columbia, USA: Marie Masha Yovanovitch, former United States Ambassador to Kiev, Ukraine, on behalf of the US Department of State, listens to the opening statements as she waits to testify during the US Hous
Yovanovitch saht gegen Trump maus
Ron Sachs/CNP via ZUMA Wire / SplashNews.com

Während Trump noch damit beschäftigt ist, Gretas Rede sozialmedial ins Lächerliche zu ziehen, kommt es irgendwo in den verwinkelten, hinteren Gängen in den Gebäuden des US-Regierungsapparates zum, Knall.

Der Vorwurf eines US-Geheimdienstmitarbeiters: Trump habe in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij im Gegenzug für bereits genehmigte Finanzhilfen einen persönlich politischen Gefallen verlangt. Trump und sein Anwalt, Rudolph Giuliani, der auch tiefer in die Angelegenheit verwickelt zu sein scheint, reden dies klein – schließlich habe ja der Geheimdienstmitarbeiter/Whistleblower/Verräter alles nur aus zweiter Hand.

Doch es werden sich weitere Leute melden. Leute, die gehört haben, was gesprochen wurde. Leute, in wichtigen Positionen. Leute, die zurücktreten. Leute, die während der Vorgänge ihrer Posten enthoben werden, wie zum Beispiel die Botschafterin in der Ukraine, Marie L. Yovanovitch.

Und viele werden als Zeugen des Untersuchungsausschusses im Repräsentantenhaus aussagen. Die sogenannte Ukraine-Affäre wird zur Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahren gegen Trump führen. Oder wie er es nennt: Hexenjagd. Der Ausgang ist ungewiss. Sollten die Republikaner zu ihrem Präsidenten stehen, haben sie im US-Senat ausreichend Stimmen, das Verfahren scheitern zu lassen. Da eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, um Trump des Amtes zu entheben, können sie sich sogar ein paar Abweichler leisten.