Rund 83'000 Franken Strafe verhängt die Uefa für rassistische Fan-Gesänge gegen England. Eine Sponsor-Unterhose kostete einst 100'000 Franken. Ein Kommentar.
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Bulgarische Rassisten bereiten der Uefa weniger Sorgen als Sponsoren-Unterwäsche. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • 83'000 Franken Strafe muss Bulgarien für seine rassistischen Fans bezahlen.
  • Zum Vergleich: Eine Unterhose kostete Nicklas Bendtner einst 100'000 Franken.
  • Bei der Uefa sind – trotz aller «Equal Game»-Kampagnen – die Prioritäten verrutscht.

Vor zwei Wochen musste das EM-Qualifikationsspiel zwischen England und Bulgarien wegen rassistischen Gesängen zweimal unterbrochen werden. Dunkelhäutige Spieler wurden beleidigt, vereinzelt gab es Hitlergrüsse zu sehen. Nun gab die Uefa das Strafmass bekannt.

Eine «Strafe» von 83'000 Franken

Man könnte an dieser Stelle lang und breit darüber schwadronieren, dass es ungemein wichtig und ein bedeutendes Statement ist, Bulgariens Fussballverband für die rassistischen Ausbrüche seiner Fans zu bestrafen.

Nicht nur muss die bulgarische Nationalmannschaft zwei Spiele – davon eines auf Bewährung – vor leeren Tribünen austragen. Auch eine Geldstrafe von horrenden 75'000 Euro, also rund 83'000 Franken, muss der Verband berappen. Das stellt zweifellos sicher, dass niemals wieder ein dunkelhäutiger Spieler in Bulgarien rassistisch beleidigt wird.

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Die englischen Spieler und Trainer Gareth Southgate intervenieren im Spiel gegen Bulgarien mehrmals beim Schiedsrichter. - sda - KEYSTONE/AP/ANDREEA ALEXANDRU

Sponsoren-Ärger kostet mehr als Rassismus

An diese Utopie glaubt selbstverständlich nicht einmal die Uefa selbst, die immerhin für die Strafe verantwortlich zeichnet. Aber das lächerlich geringe Strafmass unterstreicht, wie wenig sich die Uefa in Wirklichkeit für die Opfer rassistischer Beleidigungen interessiert.

Beispiel gefällig? Als Dänemarks Kultfussballer Nicklas Bendtner bei der Europameisterschaft 2012 gegen Portugal trifft, entblösst er seine Unterwäsche. Die ist bedruckt mit einer Aufschrift des Wettanbieters Paddy Power.

Nicklas Bendtner Uefa
Oh Graus! Nicklas Bendtner zeigt Sponsor-bedruckte Unterwäsche. Die Uefa fand's nicht witzig, und Bendtner war 100'000 Franken ärmer. - Keystone

Verglichen mit der Strafe, die jetzt über Bulgarien verhängt wurde, agierte der europäische Verband damals geradezu drakonisch. Bendtner musste mehr als 100'000 Franken Strafe zahlen und wurde für ein Spiel gesperrt – wegen einer Unterhose.

Bei der Uefa sind die Prioritäten in Schieflage geraten

Dass die Prioritäten bei den grossen Fussballverbänden Fifa und Uefa in kapitale Schieflage geraten sind, ist nichts Neues. Da werden Multimillionärs-Clubs wie Manchester City wegen zahlreichen Verstössen gegen Transfer-Auflagen rund um minderjährige Spieler mit 370'000 Franken Strafe belegt. Die Citizens zahlen so eine Summe mal eben aus der Portokasse.

Der aktuelle Fall ist in seiner Tragweite aber noch ungleich viel dramatischer. Denn die Botschaft, die die Uefa an Opfer von rassistischen Ausbrüchen sendet, lautet sinngemäss: «Sponsoren sind uns wichtiger als eure Menschlichkeit.» Denn genau die greifen Rassisten an, und die Uefa belässt es da einfach bei einem indigniert wackelnden Zeigefinger.

Uefa Rassismus
Bei ihren Club-Bewerben stellt sich die Uefa demonstrativ gegen Rassismus. Wenn Handeln gefragt wäre, steckt man aber zurück. - Twitter/@UEFA

Kampf gegen Rassismus eine Farce

Vor diesem Hintergrund wird alles Bemühen des europäischen Verbandes, Rassismus zu bekämpfen, zur Heuchelei. Wer die Mittel zur Hand hat, rassistische Fans aufs Härteste zu bestrafen, und dann zum Samthandschuh greift, hat jedes moralische Recht verwirkt, sich beim nächsten rassistischen, homophoben oder sonstwie gearteten menschenfeindlichen Ausbruch mit Krokodilstränen zu benetzen und den Kampf gegen derlei Verfehlungen zu geloben.

Dieses Scheitern der Uefa muss auch deren Präsident Aleksander Ceferin angelastet werden. Denn er hätte es in der Hand, Teams mit rassistischen Fans von internationalen Wettbewerben auszuschliessen. So aber bleibt der fahle Beigeschmack, dass der Uefa Sponsoren wichtiger sind als Menschen.

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