Antisemitische Schmierereien an Synagoge in London

In einem Quartier im Norden der britischen Hauptstadt haben Unbekannte im Anschluss an das jüdische Chanukka-Fest antisemitische Schmierereien angebracht. Die Polizei ermittelt.

Markus M. Haefliger, London
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Die britische Polizei ermittelt gegen unbekannte Täter, die in der Nacht auf Sonntag in London in den nebeneinanderliegenden Quartieren West Hampstead und Belsize Park antisemitische Parolen und Symbole an Hausfassaden geschmiert haben. Mit über zweitausend jüdischen Einwohnern kommt der Stadtteil einem «jüdischen» Quartier der britischen Hauptstadt wohl am nächsten, auch aus historischen Gründen, weil während der Nazizeit zahlreiche Flüchtlinge aus dem «Dritten Reich» bei Familien in der Gegend Unterschlupf fanden. Die Vandalenakte erfolgten, während die Juden weltweit das Chanukka-Fest begehen, einen der wichtigsten Termine im jüdischen Festkalender.

Die Täter schmierten Davidsterne und «9.11» an eine Mauer bei der örtlichen Synagoge von South Hampstead und auf einer Länge von mehreren hundert Metern über Ladenfenster entlang einer Einkaufsstrasse. Es ist nicht klar, ob sich die Zahlenkombination auf die antisemitische Verschwörungstheorie bezieht, nach der Juden die «9/11»-Attentate vor 18 Jahren durchgeführt haben sollen, oder aber auf die sogenannte Reichskristallnacht am 9. November 1938, die grausame Eskalation der Judenverfolgung unter dem Nationalsozialismus.

 Das jüdische Chanukka-Fest («Lichterfest») dauert acht Tage. Es soll an die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem im Jahr 164 v. Chr. erinnern.

Das jüdische Chanukka-Fest («Lichterfest») dauert acht Tage. Es soll an die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem im Jahr 164 v. Chr. erinnern.

Robert B. Fishman / Imago

Laut der Polizei gingen die ersten Meldungen über die Vandalenakte kurz vor Mitternacht ein. Es ist nicht klar, ob die Täter dem antisemitischen Mordanschlag in New York folgen wollten, von dem die Medien gleichentags breit berichtet hatten. David Rich vom Community Security Trust, einer freiwilligen Organisation zum Schutz von Juden vor rassistischen Anfeindungen, sagte, in der Nacht seien zahlreiche Meldungen besorgter Bürger eingegangen. Die Gruppe arbeitet mit der Polizei zusammen und wertet Videoaufnahmen von Sicherheitskameras bei der Synagoge aus. Die Schmierereien seien das Werk einer Person, die ihre Hassbotschaft möglichst breit habe streuen wollen, sagte Rich Reportern. Am Sonntag wurden die Slogans entfernt.

Die liberale South-Hampstead-Synagoge bedauerte den Vorfall und die Zunahme von Hassbotschaften aller Art in der Gesellschaft, seien es Antisemitismus, Islamophobie, Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit. «Traurigerweise gibt es einen Zusammenhang dieser Phänomene», heisst es in der Mitteilung. Oliver Cooper, ein konservativer Gemeinderat der Lokalverwaltung von Hampstead, sagte, er habe schon öfters wegen antisemitischer Losungen Anzeige erstatten müssen, unter anderem als Folge von Schmierereien einer verbotenen Gruppe von Neonazis. Aber noch nie zuvor habe ein Frevel ein derartiges Ausmass angenommen wie diesmal.