Hofer hält zu Zanger - ÖVP fordert Rücktritt

Empörung über FPÖ-Liederbuch-Skandal

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Mit dem neuen Liederbuch-Skandal wird türkis-blaue Koalition immer unwahrscheinlicher.

Wieder ist es das „Lied“ von den alten Germanen – und wieder geht es um einen FPÖler. Wie ÖSTERREICH berichtete, ist das 400 Seiten starke Buch Liederliche Lieder der Schülerverbindung „Pennales Corps Austria zu Knittelfeld“ aufgetaucht, prominentestes Mitglied: FPÖ-Nationalrat Wolfgang Zanger, der das Buch (inkl. der Passage „Heil Hitler, ihr alten Germanen“) im Privatbesitz hat. Zwar steht das Lied, das 1939 als Spottlied geschrieben wurde, auch in Büchern katholischer Verbindungen (s. u.). Nationale Burschenschafter haben den Text allerdings mit antisemitischen Strophen angereichert, wie der ÖVP-Mandatar Wolfgang Gerstl erklärte.

FPÖ: Es handle sich um "Schmutzkübelkampagne"

■ Keine Distanzierung. Zanger distanzierte sich zunächst nicht: „Lieder, die meine Eltern gesungen haben. Dafür werde ich mich NIEMALS schämen und auch nicht rechtfertigen!!!“ Erst in einer FPÖ-Aussendung beteuerte er: „Lehne jede Form von Rassismus, Nationalsozialismus und Antisemitismus ab.“

■ FPÖ hält zu Zanger. FPÖ-Chef Norbert Hofer greift nicht ein, dafür rückte FP-General Vilimsky zur Verteidigung Zangers, der auch schon bei einer Identitären-Demo gefilmt worden war, aus. Es handle sich um eine Schmutzkübel-Kampagne. Auch im CV-Buch finde sich das Lied. Prominentes CV-Mitglied sei der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer.

■ Für Rücktritt. VP-Chef Sebastian Kurz nannte den FP-Vorfall „widerlich“, Verfassungssprecher Gerstl forderte den Rücktritt Zangers. Der ÖVP, die mit den Grünen eine Koalition sondiert, fällt die türkis-blaue Variante jetzt aber de facto weg. Da die FPÖ an Zanger festhält, säße der als Abgeordneter mit im Koalitionsboot. Sagen tut das freilich noch kein Türkiser. Schützenhöfer betonte in ­ÖSTERREICH aber – gemünzt auf eine Koalition im Land: „Empfehlung für eine Zusammenarbeit ist das keine.“

steirische Landeshauptmann Schützenofer
© APA/HANS KLAUS TECHT

LH Schützenhöfer: "Keine Empfehlung für eine Koalition mit der FPÖ"

ÖSTERREICH: Ist für Sie die FPÖ nach dem Liederbuch-Eklat noch ein Koalitionspartner im Land?

Hermann Schützenhöfer: Es wäre übermütig, eine ganze Partei auszuschließen. Aber das, was sich da seit einigen Wochen abspielt, ist natürlich keine Empfehlung für eine Zusammenarbeit.

ÖSTERREICH: Fordern Sie jetzt Zangers Rücktritt?

Schützenhöfer: Es geht darum, Schaden abzuwenden, auch von der Steiermark. Wenn der Abgeordnete Zanger nicht in der Lage ist, einen klaren Trennstrich zu ziehen – und das hat er nicht getan –, dann ist der meines Erachtens nicht tragbar.

ÖSTERREICH: Es gibt auch Wirbel um ähnliche Textstellen im Liederbuch des Kartellverbandes …

Schützenhöfer: Das ist nicht vergleichbar. Erstens sind diese Passagen im aktuellen Liederbuch nicht mehr enthalten. Zweitens war das ja als Angriff auf das Hitler-Regime geschrieben worden. Die Mitglieder des Kartellverbandes sind von den Nazis ja reihenweise eingesperrt worden.

Liederbuch Kommersbuch
© zVg
× Liederbuch Kommersbuch

"SS-Treuelied" auch beim Cartellverband

Das „Germanen-Lied“ fand sich bis 2015 auch im Kommers-Liederbuch des katholischen Cartellverbandes. Allerdings mit dem Hinweis, dass das Lied als Schmählied und Parodie geschrieben worden war. Beim CV weist man darauf hin, dass der Text erst von nationalen Burschenschaftern antisemitisch angereichert wurde.

Allerdings: Im CV-Liederbuch steht auch das Lied Wenn alle untreu werden, das spätere „Treuelied“ der Waffen-SS. CV-Sprecher Florian Groß erklärte, das Lied sei bereits 1814 geschrieben worden, habe also mit der SS ursprünglich nichts zu tun. Man lasse sich aber nicht davon abbringen, es zu singen, nur weil es „durch national­sozialistische Kerngruppen missbräuchlich verwendet wurde“. (gü)

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