München
Von der Hommage zum Requiem

Uraufführung von Damian Rebgetz' "Nirvanas Last" in den Münchner Kammerspielen

28.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:44 Uhr
Zeynep Bozbay zeigt die feminine Seite des Sängers Kurt Cobain. −Foto: Baltzer

München (DK) Millionen LPs, vor allem von seinem Album "Nevermind", hatte Kurt Cobain bereits verkauft und galt mit seiner Band Nirvana als einer der engagiertesten US-Sänger gegen Homophobie, Sexismus, Kapitalismus und Rassismus.

Am 1. März 1994 kam er auf seiner Europa-Tournee nach München. Umjubelt von seinen Fans im gerade stillgelegten Terminal des damaligen Flughafens in Riem. Es war sein allerletztes Konzert, bevor er, nach einem abgebrochenen Drogenentzug, sich das Leben nahm.

Damian Rebgetz, 1978 in Australien geboren, Student der klassischen Musik, Sänger und jetzt Schauspieler an den Kammerspielen, hat als später Cobain-. Fan dessen gefeierten Auftritt im Münchner Flughafengebäude nachgespürt. "Nirvanas Last" heißt daher diese Produktion, die - eingebettet in die damalige Setlist - vor allem das Flair dieses letzten "Nirvana"-Abends beschwört. Mit einem großformatigen, dicken blauen Buch gleichsam als Bibel der alternativen Rock- und Grunge-Musik sitzt Rebgetz als Mischung aus Guru und verschmitzt lächelndem Märchenonkel zunächst alleine auf der Bühne, um ebenso verehrungsvoll wie mit Schalk im Nacken Cobains Biografie und die besonderen Umstände dieses Münchner Konzerts zu rekapitulieren. Viele der damaligen Zuhörer dieses legendären Konzerts sind zwar nicht gekommen, aber ein junges und aufgekratztes Publikum, das geradezu danach giert, in dieser Nostalgie-Show mit den besten "Nirvana"-Songs die Aufbruchsstimmung der 1990er-Jahre zu erfahren.

Paul Hankinson hat die Titel arrangiert, Ann Cotten die Texte ins Deutsche, teilweise auch ins Bayerische, übertragen und Rebgetz feuerte damit und mit herrlichem Erinnerungsschmäh eine ungemein flippige Uraufführung ab. Zwischen einer Kirchenglocke und einer Schwarzwälder Kuckucksuhr rollt auf einer Showtreppe die "Nirvana"-Sause ab: Eingerahmt vom goldenen Jugendstil-Bühnenrahmen präsentiert Rebgetz vor den Projektionen idyllischer Voralpenlandschaften den sensiblen und androgynen Kurt Cobain in vierfacher Gestalt. In ein knallrotes Ballkleid gewandet zeigt Zeynep Bozbay Cobains feminine Seite beispielsweise mit dem herzerweichenden Song "In Bloom", während Benjamin Radjaipour in einem vogelwilden Kostüm und mit einem stilisierten Hirschgeweih auf dem Kopf mit "Breed", "Serve the Servants", und anderen Titeln Cobains Exzentrik imitiert und Christian Löber, begleitet von Sachiko Hara auf dem Klavier, nicht nur als Gitarrist, sondern auch als Interpret etwa von "Polly" und "School" glänzt. Und köstlich kitschig wird's gar, wenn Damian Rebgetz als Wildschütz Jennerwein mit den auf Bayerisch gesungenen Titeln "Silver" oder "Come As You Are" durch die auf den Bühnenvorhang projizierten zunächst prächtigen Wälder streift, die bald jedoch immer trostloser werden.

Die Hommage auf Kurt Cobain wird schließlich zum Requiem, wenn auf der zum Olymp des Erfolgs führenden Treppe die vier Protagonisten Blumen ablegen und die inzwischen zum zehnköpfigen Orchester erweiterte Trauerband mit einem gewaltigen Furioso zu einem mitreißenden "Nirvana"-Medley loslegt. Das Premierenpublikum jubelte.

ZUM STÜCK
Theater:
Kammerspiele, München
Idee und Regie:
Damian Rebgetz
Arrangements und musikalische Leitung:
Paul Hankinson
Bühne:
Janina Sieber
Kostüme:
Veronika Utta Schneider
Dauer:
Zwei Stunden ohne Pause
Nächste Vorstellungen:
30. Oktober, 15., 21. November
Kartentelefon:
(089) 23 39 66 00.