Von René Wappler

Die Mitglieder der Volkssolidarität fürchten, von Rechtspopulisten unterwandert zu werden. Erste Beispiele dafür hat es schon gegeben, wie die Vorstandsvorsitzende Ines Große einräumt. Das sei mit den Zielen des sozialen Verbandes nicht vereinbar. Bei einer Gesprächsrunde in Cottbus diskutierten die Besucher darüber, wie sie mit den Versuchen der politischen Einflussnahme umgehen sollen. Die Cottbuser AfD-Fraktionschefin Marianne Spring-Räumschüssel reagiert erstaunt darauf.

Einen ganzen Tag hatten sich die Mitglieder der Volkssolidarität für ihr Treffen in der Sandower Geschäftsstelle reserviert. Zu ihnen gehörte die Vorstandsvorsitzende Ines Große. „Wir sind hier mittendrin, wir sind nicht außerhalb“, sagte sie. „Wir müssen eine Haltung formulieren, wenn Rechtspopulisten versuchen, sich im Verband zu engagieren oder Mitglied zu werden.“ So stehe die Frage im Raum, ob sich die Volkssolidarität vor diesen Tendenzen schützen könne

Der Verband hat beschlossen, dem Aktionsbündnis Brandenburg beizutreten, das sich gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit einsetzt. Ihm gehören bereits 82 Organisationen an, zu denen die Arbeiterwohlfahrt zählt, ebenso der Mieterbund und die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten.

Dokument betont Würde jedes Menschen

Die Arbeit in einem solchen Bündnis lässt sich für viele Mitglieder der Volkssolidarität nicht mit rechtspopulistischen Positionen vereinbaren. So haben sie ein Dokument verfasst, in dem es heißt: Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehe „die Würde jedes einzelnen Menschen, stehen seine Bedürfnisse und die Erfahrungen des eigenen Lebens, oftmals in schwierigen sozialen Lebenslagen“. Nun hätten jedoch in Gestalt der AfD Ideologien einen parlamentarischen Rahmen angenommen, die davon ausgingen, dass nicht jedes Leben gleichwertig sei. Rassistische und fremdenfeindliche Positionen hätten schließlich Ausgrenzung und die Spaltung der Gesellschaft zur Folge.

Deshalb äußert sich die Vorstandsvorsitzende der Volkssolidarität besorgt. Ines Große berichtet von AfD-Mitgliedern, die einer Suppenküche in Potsdam eine Spende übergaben und das im Foto festhielten. „Wir wollen uns nicht von der Öffentlichkeitsarbeit dieser Partei vereinnahmen lassen“, sagt die Vorstandsvorsitzende.

Auch bei der Gesprächsrunde in Sandow sahen Besucher diese Gefahr. Ein Mitglied der Volkssolidarität sagte: „Attribute wie rotgrün versifft werden von manchen Leuten aus diesem politischen Spektrum inzwischen ganz offen benutzt.“ Sie unternähmen nicht einmal mehr den Versuch, ihre Haltung zu kaschieren.

Widerspruch zu Zielen der Volkssolidarität

Eine Frau erwiderte: „Mich bewegt das auch, vor allem, weil es in Cottbus so schlimm ist.“ Ein AfD-Kandidat habe sich für eine Mitarbeit in ihrer Ortsgruppe der Volkssolidarität interessiert. Zwar zeige er starkes Engagement in seinem Dorf. Doch die politische Haltung seiner Partei stehe in Widerspruch zu den Zielen der Volkssolidarität.

Als Gesprächspartnerin hatten sich die Besucher Maica Vierkant vom Aktionsbündnis Brandenburg eingeladen. Sie erinnerte daran, dass der AfD-Politiker Alexander Gauland die Migration im Jahr 2015 als ein Geschenk für seine Partei bezeichnet hatte. Inzwischen versuche die AfD im Land Brandenburg, andere Schwerpunkte zu setzen, erklärte Maica Vierkant. So habe die Partei im Landtagswahlkampf „relativ viel Mühe ins Soziale gesteckt, ebenso in Themen wie Gesundheit und Pflege“. Dabei fordere die AfD zugleich weniger Staat. Gegen die vermeintliche „Verschwendungssucht der Sozialindustrie“ wetterte ihr Cottbuser Landtagsabgeordneter Lars Schieske in seinem Wahlkampf.

Nicht nur die Vertreter der Volksolidarität betrachten solche Aussagen mit Befremden. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat ein Positionspapier veröffentlicht, in dem er sich klar gegen die AfD ausspricht. Eine Partei, deren Agenda die Gleichwertigkeit aller Menschen bestreite und rechtsextremistische Positionen in der Gesellschaft befördere, könne für ihn nicht als Gesprächspartner gelten. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass sie demokratisch gewählt wurde.

AfD-Landtagsabgeordnete spricht von Wählerschelte

Die Cottbuser Fraktionschefin und Landtagsabgeordnete der AfD, Marianne Spring-Räumschüssel, erklärt grundsätzlich zu den Positionen der Volkssolidarität und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes: „Sie können sich gern gegen unsere Haltung wenden, das gehört zu einer Demokratie.“ Allerdings grenze es an Wählerschelte, wenn demokratisch bestimmte Abgeordnete auf diese Weise ausgegrenzt werden. „Das werden viele Leute als Bevormundung verstehen“, sagt die Fraktionschefin.